Verbiss- und Fegeschutz
Waldverjüngung ohne Plastik
Wuchs- und Schutzhüllen sind bei Wiederaufforstung und Waldumbau ein bewährtes Hilfsmittel, um die kleinen Waldbäumchen vor Verbiss- und Fegeschäden zu schützen.
Die Mehrheit der bisher verwendeten Schutzhüllen besteht aus Plastik und muss wieder abgebaut und entsorgt werden.
Aktuell gibt es viele Neuentwicklungen in diesem Bereich unter anderem mit Kunststoffen, die kompostierbar sein sollen. Wir richten unseren Blick auf eine weitere, umweltverträgliche Alternative: Schutzhüllen aus Holz.
von Rupert PETER
Immer wieder kommt es vor, dass Plastik-Schutzhüllen nach dem Wegfall ihrer Schutzfunktion im Wald verbleiben. Das soll nicht sein. Zum einen sind die nicht abgebauten Schutzhüllen kein schöner Anblick. Zum anderen zerfallen sie unter Sonneneinstrahlung mit der Zeit zu Mikroplastik, das sich dann im Waldboden anreichert.
Rein rechtlich stellen nicht mehr benötigte Plastik-Schutzhüllen Abfall dar und müssen deshalb aus dem Wald entfernt und entsorgt werden. Ansonsten droht eine Aufforderung und eventuell ein Bußgeld des Landratsamtes. Die Rechtslage ist also die gleiche, wie bei einem nicht mehr erforderlichen Wildschutzzaun. Die Belassung von Plastikabfall im Wald widerspricht auch den Standards von FSC, PEFC oder Naturland.
In Zukunft sollen deshalb möglichst nur noch Wuchshilfen aus Holz oder sonstigen Materialien verwendet werden, die nach ihrer Nutzungsdauer völlig rückstandsfrei verrotten. Hier ein kleiner Überblick über verschiedene Varianten, die am Markt derzeit zu finden sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Furnierhülle der Firma Franz Eschlbeck
Abb1-3: „offene“ und „geschlossene“ Eschlbeck Furnierhüllen. Foto Lisa Büsing, Franz Eschlbeck
Diese Wuchshülle besteht aus 1,8 mm-dicken Fichtenschälfurnierstreifen die kreuzweise mit lebensmitteltauglichem Leim verpresst werden. Es gibt zwei verschiedene Hüllentypen: „Offene“ für Nadelholz und „geschlossene“ mit einem zusätzlichen Bio-Baumwollvlies für Laubholz.
Die Hüllen werden platzsparend, flach geliefert. Um sie biegsam zu machen werden sie vor der Montage mit einer Gießkanne gewässert. Dann werden die Hüllen in Serienfertigung zusammengerollt und mit je 3 Kabelbindern aus Eschenfurnier in Form gehalten. Für einen sicheren Stand wird lediglich ein Holz-Stützstab (am besten aus Akazie) benötigt. Die Standard-Hülle ist 1,20 m hoch, hat einen Durchmesser von 13 cm bzw. 27 cm und ist ca. 320 g leicht. Es werden auch geringere Höhen, 30 cm, 60 cm und 80 cm angeboten. Außerdem wird die Wuchshülle für den Schutz von Naturverjüngungen auch als „Zaun“ in lfm angeboten.
Die gesamte Schutzhülle verrottet nach der Schutzdauer vollständig und rückstandsfrei. Das Furnier hat nach Herstellerangaben eine Haltbarkeit von ca. 6-8 Jahren, das Bio-Baumwollvlies von ca. 3-4 Jahren. Die Kosten liegen je nach Stückzahl und Größenmodell bei rund 3 € netto pro Stück (ohne Stützpfahl).
Abb. 4 und 5: Wuchshülle WaldWUNDER. Foto waldwunder.com
Diese Wuchshülle besteht aus drei Elementen mit je 2 bzw. 3 senkrechten und 2 waagrechten Holzstäben. Die Wuchshilfe wird platzsparend, flach geliefert. Vor Ort wird sie um das zu schützende Bäumchen herum zu einem Dreieck aufgestellt, die vorgefertigten Drähte an den Querstäben eingehängt und an einem Robinienstab befestigt. Die gesamte Wuchshilfe (Holzstäbe und Verbindungsdrähte) ist vollständig zersetzbar. Die Wuchshilfe wird mit einer Seitenlänge von 24 cm in den Höhen 90 cm und 120 cm sowie mit einer Seitenlänge von 30 cm in 105 cm Höhe angeboten. Sondermaße sind ebenfalls möglich. Die Preise reichen je nach Größe und Abnahmemenge von ca. 5 – 7 € netto pro Stück (ohne Befestigungspflock).
Verbissschutzmanschette der Jugendwerkstatt Langenaltheim
Abb. 6 und 7: Verbissschutzmanschette Langenaltheim. Foto jugendwerkstatt-langenaltheim.de
Bei dieser Wuchshüllen werden Holzstäbe von 5 x 2,3 mm Stärke mit unverzinktem Stahldraht zu Matten geflochten. Der Abstand zwischen den Latten beträgt in etwa Lattenstärke, also ebenfalls 5 mm.
Vor Ort werden die Matten um die zu schützenden Bäumchen gelegt und mit den ca. 15 cm langen, an jedem Manschettenende überstehenden Drahtenden verbunden. Ein Stützstab ist erforderlich.
Angeboten wird diese Manschette in den Höhen 110, 130, 150 und 170 cm und mit 30 oder 40 cm Breite sowie als Meterware. Der Preis für die Standardgröße 110 x 30 cm liegt bei 3,45 € netto pro Stück (ohne Befestigungspflock). Das Gewicht liegt bei ca. 500 g.
An Holzarten wird zu 90 % Fichte und zu 10 % Kiefer verwendet. Die Haltbarkeit wird vom Hersteller mit mindestens 10 Jahren angegeben. Produziert wird seit ca. 20 Jahren. Die Jahresproduktion liegt aktuell bei maximal 4.000 Stück.
Wuchshülle aus Weidenruten, Fa. Freitag WeidenArt, Freising
Abb. 8: Weidenhülle. Foto Freitag WeidenArt
Das Bauprinzip dieser Wuchshüllen aus Weidenmatten entspricht den Verbissschutzmanschetten aus Langenaltheim. Lediglich die verwendeten Materialien unterscheiden sich. Statt Holzstäben werden Weidenruten verwendet und an Stelle von Draht kommen Sisalschnüre zum Einsatz. Diese Schnüre hängen 12 cm über den Mattenrand hinaus und werden vor Ort um den Baum gelegt und an einem Stützstab festgebunden. Wichtig ist, dass die Sisalschnüre dick genug sind, damit zwischen den einzelnen Weidenruten ein ausreichender Abstand verbleibt, durch den genügend Licht zur geschützten Pflanze einfallen kann. Nach bisherigen Tests ist nach Herstellerangaben Lichtmangel kein Problem. Das Standardmaß beträgt 110 cm Höhe und 40 cm Breite. Das Gewicht liegt bei ca. 400 g. Der Preis für die Standardgröße 110 x 40 cm liegt bei 3,70 € netto pro Stück (ohne Befestigungspflock).
Staatliche Förderung:
Für Wuchshüllen kann in Bayern eine waldbauliche Förderung beantragt werden. Der Grundförderbetrag liegt bei 2 € pro Stück.
Ab dem Jahr 2023 werden nur noch Wuchshilfen aus nachwachsenden Rohstoffen (Holz, Zellstoff, Jute, Kokos oder Sisal) gefördert. Dadurch werden die eingangs erwähnten Umweltbelastungen, durch im Wald verbleibende Wuchshüllen aus Plastik und die Anreicherung von Mikroplastik im Waldboden zukünftig vermieden. Im Jahr 2022 sind übergangsweise noch maximal 200 Plastik-Wuchshüllen je Waldbesitzer förderfähig.
Ausblick: Vulkanfiber und „flüssiges Holz“
Mehrere Partner eines Forschungsverbunds unter der Leitung der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg forschen an umweltschonenden Wuchshüllen auf Basis von rückstandsfrei abbaubaren Naturprodukten – wie etwa aus Cellulose-basiertem Vulkanfiber und aus Biopolymeren, so genanntem „flüssigen Holz“.
Weitere Informationen hierzu sind auf der Internetseite des Cluster Forst und Holz in Bayern unter folgender Internetseite zu finden:
Anschauungsfläche an der Waldbauernschule
Im Schulwald der Bayerischen Waldbauernschule in Kelheim wird aktuell eine Anschauungsfläche mit verschiedenen, umweltfreundlichen Wuchshüllen angelegt. Damit sollen die eigenen Praxiserfahrungen ausgebaut und Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern die Möglichkeit gegeben werden, sich „am Objekt“ über neue Einzelschutzvarianten zu informieren.